Stolpersteine – Geschichte sichtbar machen

Zwei Klassen des Wirtschaftsgymnasiums der Kaufmännischen Schule Bad Mergentheim durften Nachfahren der in Bad Mergentheim damals ansässigen jüdischen Familien Fröhlich und Frau Betty Strauß aus Wachbach kennen lernen. Die einzelnen Familienmitglieder kamen extra aus Las Vegas, Philadelphia und Boston angereist, um am selben Tag Stolpersteine für ihre Vorfahren verlegt zu bekommen. Stolpersteine sind Zeichen des Erinnerns. Sie erinnern uns an das Schicksal von Menschen, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Auch wenn das Gros der Stolpersteine an jüdische Opfer erinnert, so verweisen zahlreiche Steine auch auf das Leid von Sinti und Roma, Homosexuellen, politisch Verfolgten und Behinderten.

So nah die Geschichte erfahrbar machen, ist vor allem in dieser politisch schwierigen Phase wichtiger denn je. Die unmittelbare Authentizität von solchen Besuchen im Klassenzimmer hat einen enormen Effekt auf die Vermittlung geschichtlicher und politischer Inhalte.

Die Schüler durften in ihren jeweiligen Klassen Fragen an die Nachfahren stellen. Jill Brand aus den USA und ihre Schwägerin Ortrud Staude aus Bremen stellten sich den Fragen von Elftklässlern, die 90 Minuten ein „lebendes“ Lexikon vor sich sitzen hatten. Die Fragen der Schüler waren sowohl geschichtlich bzw. auch aktuell ausgerichtet. Sie lernten, wie die Historie das Leben der Nachfahren beeinflusst, wie Sie mit der Geschichte des Holocaust umgehen oder auch, was man tun könne, damit so etwas nicht mehr passiere: „Engagiert sein!“

Besonders berührend sind die persönlichen und die kleinen Geschichten, die die Zeitzeugen erzählten. So berichtete Marian Houston, dass in ihrem Personalausweis als Geburtsort „Frankreich“ angegeben ist. Ihre Eltern waren 1940 auf der Flucht vor den deutschen Soldaten und sie wurde irgendwo in der Nähe von Bordeaux geboren. Keine Behörde konnte und wollte ihre Geburt bestätigen und deshalb steht heute noch „Frankreich“ in ihrem Ausweis als Geburtsort.

Die anschließenden Stolpersteinverlegungen in Bad Mergentheim und Wachbach sind für die Nachfahren ein wichtiger Schritt zur inneren Versöhnung, die zugleich eine Ehrung für ihre Vorfahren darstellt.

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